Doch die Verletzung hatte böse Folgen. Er konnte nur noch arbeiten, wenn es ihm einigermaßen gut ging und die Schmerzen erträglich waren, auf 538 Euro Basis + Aufstockung durch das Jobcenter. Zudem, räumt er ein, habe er damals getrunken, das sei aber vorbei. Aber Schmerzen und Alkohol sind eine ungute Mischung und so entglitt ihm das Leben in seiner 45 Quadratmeter großen Wohnung in Großborstel. Die Mietschulden häuften sich, es folgte eine Räumungsklage und just an dem Tag, als sie vollzogen werden sollte, am 14. Juni 2025, brach er in der Wohnung bewusstlos zusammen und musste mit dem RTW ins Krankenhaus transportiert werden.

Zwei Tage später, nachdem er dort stabilisiert worden war, meldete er sich im Pik As, seine Wohnung war wie verbrannte Erde für ihn, der Zugang versperrt. Hätte das vermieden werden können? Vielleicht. Aber wenn man ihn heute fragt und in sein früheres Leben zurückgeht, sagt er: „Ich hatte eine ganz normale Kindheit.“ Nun ja, von seinem Vater kennt er nur den Namen, aber das geht anderen auch so. Für die Realschule hat es nicht ganz gereicht, aber immerhin hat er eine Ausbildung gemacht, zum Reform- und Diätwaren-Fachverkäufer und Einzelhandelskaufmann und auch in diesem Beruf gearbeitet. Dann vier Jahre Bundeswehr als Logistiker mit Abschied als Stabsunteroffizier.
„Danach war ich Marktschreier für einen Obst- und Gemüsestand auf dem Eidelstedter Wochenmarkt.“ Er sagt das mit etwas Stolz in der Stimme, denn, so erzählt er, der Marktschreier habe im Gespräch mit den Kunden immer das letzte Wort. Vielleicht muss man sich seine Version so vorstellen wie eine Mischung aus Verkäufer und Till Eulenspiegel. Heute würde man diese Interpretation eines Berufsbildes vermutlich mit dem Schlagwort ‚Kundenbindung‘ aus dem Marketingbaukasten unterlegen. Mit den ersten Schnupperversuchen in seiner Jungerwachsenenzeit hat er fast 40 Jahre auf dem Markt zugebracht, bis auf die Zeit nach seinem Bandscheibenvorfall immer fest angestellt. Und dann die schwere Verletzung, Wohnungsverlust, Pik As.


Nach den ersten Nächten im Pik As, die er in unschöner Erinnerung hat, ist er jetzt mit drei anderen Männern in der 2. Etage untergebracht: „Das ist eine gute Kombination mit den anderen. Wir können Handy und Portemonnaie im Zimmer liegen lassen. Hier klaut keiner dem anderen was, jedenfalls so lange wir unter uns sind. Und auch das Personal ist in Ordnung, die Sozialarbeiter helfen sofort, wenn es nötig ist.“ Irgendwie kommen wir dann noch darauf zu sprechen, wie er sich verpflegt und was seine Lieblingsgerichte sind. „Senfeier, Schmorgurken mit Hack und Tomaten sowie Tortilla“, sagt er. Die gibt es im Pik As allerdings nicht. Doch die Essensausgabe 2x die Woche des Fördervereins PIK AS e.V. stellt ihn voll zufrieden: „Das ist ein Highlight im täglichen Leben.“
Die Ärztinnen in der Schwerpunktpraxis des Pik As haben ihm jetzt eine Einweisung ins Krankenhaus verschafft, zur Abklärung seiner Beschwerden an der Wirbelsäule mittels MRT und der Aussicht auf eine operative Stabilisierung seines Rückens. Dann wären endlich die höllischen Schmerzen eingedämmt und er könnte wieder arbeiten. Nicht auf dem Markt, denn Gemüsekisten könne er vermutlich nicht mehr tragen, aber vielleicht in der Logistikbranche, so hofft er jedenfalls. Alles Gute, Sven!











