Selbstgestrickte Mützen für die kalte Jahreszeit

Im Februar 2024 schrieb Mützen Liesel, im Klarnamen Sabine, dann an 600 Strickerinnen: „Ich hoffe, euch geht es gut! Ich habe eine Anfrage erhalten, die ich gerne mit euch teilen möchte. Es geht darum, für den gemeinnützigen Verein Pik As, Hamburgs größte Notunterkunft für wohnungslose Herren, zu stricken… Ich werde ein Mützchen entwerfen, die Anleitung dazu schreiben und dem Verein kostenfrei zur Verfügung stellen… Bis Ende des Jahres 2024 sollten 300 Mützen gestrickt werden… Gerne den Beitrag teilen.“ Seitdem boomt der Mützenversand nach Hamburg. Wöchentlich kommen 3-4 Pakete mit 1-10 Mützen an, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Das Objekt des guten Willens heißt Mütze Hamburg, ist Unisex, One size und wird für 56-60 cm+ Kopfumfang gestrickt und zwar mit Merino Schurwolle extrafein in unterschiedlichsten Farbkombinationen. Wurde die Strickanleitung in den ersten Wochen noch kostenlos ausgegeben, kostet sie im Webshop von Sabine inzwischen 4,80 Euro:

Hier geht es zum Webshop

Das sollte aber keine Leserin und keinen Leser abschrecken noch in das Projekt einzusteigen, denn die kalte Jahreszeit ist lang. Ein bisschen Zeit ist auch noch. Ausgeben an die obdachlosen Menschen im Pik As wollen wir die Mützen nämlich erst im Spätherbst. Falls jemand nun zu Rundstricknadel und Wolle greifen und eine oder mehrere Mützen den obdachlosen Menschen im Pik As zugute kommen lassen möchte, schreibe bitte an info@foerderverein-pik-as.de. Dort gibt es dann die Information, wohin die Mützen geschickt werden können.

Die wundersame Geschichte des Michael R.

Hallo und Moin,

vor einigen Jahren war ich gemeinsam mit meiner Hündin Bewohner vom pikas Hamburg. Aufgrund der herzlichen Art der Mitarbeiter war ich immer gerne im Piko. Nun lebe ich in Stuttgart und meine Katja und ich heiraten im September. Wir möchten das Geld zur Hochzeit spenden, aber nur an Einrichtungen, die mir in der Vergangenheit geholfen haben. Wir könnten uns vorstellen, dass wir einen gewissen Betrag spenden, damit zum Beispiel Suppe o.ä eingekauft werden kann.

Herzliche Grüße aus Stuttgart
Michael R.

Im Folgenden ein Blick 18 Jahre zurück: 2005 kommt Michael von Lüneburg nach Hamburg, wohnt dann eine Zeit lang in Rothenburgsort, geht zwei Jahre später nach Stuttgart und kreuzt 15 Jahre wohnungslos durch die Republik. Arbeitet immer wieder im Gerüstbau, in der Bausanierung, in einer Metzgerei, im Gartenbau. Andock-Station ist Hamburg und da bevorzugt das Pik As. Manchmal schläft er auch unter der Kersten-Miles-Brücke zwischen Reeperbahn und Landungsbrücken. 2020 wohnt er eine Zeit lang in einer Übergangseinrichtung in der Altonaer Mistralstraße, dem sogenannte Mistralbunker. Dann wieder ab nach Stuttgart und dort lernt er Katja kennen. Ein Glück für ihn!

Im September 2022 heiraten die beiden und sorgen gemeinsam für ihren Straßenhund Eddy aus Bulgarien. Michael arbeitet als Küchenhilfe in einem Restaurant mit schwäbischer Küche, Katja in einem Verlagshaus. Zur Jahreswende 2023/24 kommen Michael, Katja und Eddy nach Hamburg. Er will ihr die Mosaikstücke seiner Vergangenheit zeigen. Sie schauen sich die Baustelle im alten Pik As in der Neustädter Straße an – hier wird zur Zeit ja neu gebaut und mit der Übergangsunterkunft in der Eiffestraße 398 verbindet Michael ja nichts. Dann treffen sie sich mit Mitarbeiterinnen des Mistralbunkers und einem Vorstandsmitglied des Fördervereins Pik AS, zum Klönen, zum Austausch über alte und aktuelle Zeiten.

Der Neustart mit dem Wohlfühltag

Zurück in Stuttgart schmeißt Michael den Küchenjob. Er macht an der Bremer APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft eine Fortbildung im Fundraising – online. Er hat nämlich etwas vor. Er will in diesem Sommer in Stuttgart einen WOHLFÜHLTAG für Obdachlose und andere Menschen organisieren, an dem alle zusammenkommen und einander kennenlernen. Für die Beteiligung hat er den Verein MEHRBLICK gewonnen, die Sehtests für obdachlosen Menschen machen und Brillen kostenlos ausgeben; die Barber Angels, die Obdachlose kostenlos frisieren; die MALTESER für medizinische Pflege und das Obdachlosen-Magazin TROTTWAR für die tierärztliche Versorgung und einige andere noch.

Noch mehr Neustart

Parallel peilt er einen Kurs in der Wohnungsnotfallhilfe an der Hochschule Fulda an. Ein Stipendium für ein Studium Sozialmanagement an der APOLLON Hochschule für die Zeit danach hat er auch schon gewonnen. Happy luck! Es scheint, als wolle er jetzt vieles aufholen, was er in den vergangenen Jahren versäumt hat. Praxis hat er ja am eigenen Leib erfahren, jetzt kommt die Theorie. Es ist ein wundersamer Weg und wir drücken dir die Daumen, Michael. Danke auch für die 400 Euro, die Katja und du dem Förderverein anlässlich eurer Hochzeit gespendet habt. Wir werden sie für unsere abendlichen Mahlzeiten im Pik As verwenden. Für die Menschen, die wie du den Aufbruch aus dem Pik As schaffen wollen.

Ach ja, am 6. März ist Michael in die SWR-Talk-Sendung Nachtcafé eingeladen, um über sich und seine Pläne zu berichten.

Valentinstag – der Förderverein PIK AS tischt auf

„Currywurst ist einfach Tradition, das mag jeder, und da ist etwas für alle Geschmäcker dabei.“ Es gibt Currywurst aus Huhn, Schwein und vegane Wurst, selbstgemachten Krautsalat, Brot und Kleinigkeiten zum Naschen sowie zum Trinken einen warmen Punsch. Der Förderverein verteilt außerdem gespendete Kleidung, Winterjacken und Kosmetikprodukte an die Gäste im Haus.

Die Männer stehen vor dem Gemeinschaftsraum bereits Schlange, als laut verkündet wird „Currywurst-Special, kann losgehen!“ Als Akteure zum Austeilen des Essens bereit stehen der Förderverein, Erlebnis-Köchin Katharina von Paleske und das Team des „Lions Club“ in Hamburg-Lokstedt. Der Förderverein und die Erlebnisköchin arbeiten seit drei Jahren zusammen. „10.000 warme Essen haben wir mit ihr schon verteilt“, berichtet Christina Göhrl. Jede Woche kocht Katharina von Paleske für die Bewohner des Pik As, mal Suppe, mal Nudeln, mal Reis mit Gemüse und Fleisch, immer sind die Gerichte frisch und reichhaltig. An diesem Abend ist sie besonders beseelt von dem großen Andrang. „Meine Currywurstsoße ist legendär, sie kommt sehr gut an, denn sie ist selbst gekocht – eigentlich eine Vitaminbombe“, erklärt sie.

Das findet auch Stefan, obwohl er anmerkt: „Für mich persönlich könnte sie noch bisschen schärfer sein.“ Einige Umstehende kontern: „Die ist doch genau richtig.“ Nach Kartoffelsalat und Wurst ist er wieder auf dem Sprung. Morgen steht ein Termin beim Arzt und ein weiterer mit einem Sozialarbeiter im Pik AS an. Der ehemalige Markt-Leiter ist fest entschlossen, die Obdachlosigkeit nach und nach hinter sich zu lassen. Ein Start aus dem Pik As in bessere Zeiten.

Symbolischer Spatenstich: Start für den Neubau des Pik As + 20 Jahre Förderverein

Ergänzt wurden die Reden und die Musik durch ein rustikales Büffett und eine Führung in den ehemaligen Aufenthaltsraum. Hier stellten die Architekten die Pläne für das neue Pik As vor, die eine völlige Entkernung des 1913 fertiggestellten Polizei-Asyls, heute Pik A, beinhalten: barrierefrei mit einem Fahrstuhl, einem tiefergelegten Erdgeschoss, 2-3-Bettzimmern, entsiegelten Hofflächen, begrünten Dächern und Solarthermie. Und gleich nebenan ein Haus für sogenannte Lebensplätze, in denen ältere, schwer chronisch kranke Obdach- und Wohnungslose auch längere Zeit verbringen können. Dazu zeigte Fotograf und Fördervereinsmitglied Dirk Pudwell noch einmal seine Fotos, die schon 2008 in der damaligen Axel-Springer-Passage in der Neustadt Furore gemacht hatten.

Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer:
„Das Pik As als ganzjährige Übernachtungsstelle ist seit über 110 Jahren ein zentraler Baustein für das gute Hilfesystem für Obdachlose in unserer Stadt. Das vielfältige Angebot des Pik As bleibt dabei auch nach der Sanierung erhalten. Neben der Möglichkeit zu übernachten gibt es eine umfassende Sozialberatung. Dazu gehören suchtpädagogische Angebote, Beratungen durch das Jobcenter oder Beratungen zur Wohnungssuche. Ich freue mich, dass wir damit die lange Tradition des Pik As als hilfsorientierte Übernachtungsstätte am bewährten Standort fortsetzen können.“

Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte Ralf Neubauer:
„Um die wichtige Arbeit für Menschen in schwierigen Lebenssituationen fortzuführen, ist die Modernisierung und Erweiterung des Angebots des Pik As von großer Bedeutung, damit hilfesuchenden Menschen in der Neustadt eine sichere Anlaufstelle geboten werden kann. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken und wünsche ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung der Maßnahmen. Auch der Bezirk packt beim Thema Obdachlosigkeit in der Neustadt mit einem Modellprojekt zur aufsuchenden Sozialarbeit mit an.“

Kay Ingwersen, Vorsitzender Förderverein Pik As e. V.: „Seit 20 Jahren setzen wir uns mit einer Suppenküche, der Finanzierung von Ämterlotsinnen, einem Internetzugang, Krankentransporten und vielem mehr für die obdachlosen Menschen im Pik As ein. Dass jetzt durch 2- und 3-Bett-Zimmer im Neubau mehr Privatsphäre realisiert werden soll, finden wir großartig.“ Und er stellte noch einmal heraus: „Mit einigen unserer Projekte im Pik As waren wir Vorreiter. Zwei Jahre lang hat der Förderverein PIK AS mit Spendengeldern einen Pflegedienst bezahlt, der sich um chronisch kranke Bewohner gekümmert hat. 2007 übernahm die Stadt Hamburg dann die Finanzierung.“

„Viele Jahre hat der Förderverein auch die ärztliche Versorgung unterstützt, unter anderem durch die komplette Finanzierung einer psychiatrischen Sprechstunde im Pik As. Vor zehn Jahren ist dieses ehrenamtliche Modell dann durch eine Schwerpunktpraxis ersetzt worden, in der die obdachlosen Menschen von Allgemeinmedizinern und Psychiatern behandelt werden. Die Betriebskosten tragen seitdem die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg, die Krankenkassen und die Sozialbehörde.“

„Das heißt, wir sind engagiert, initiativ und nachhaltig. Und die Grundlage dafür, dass wir das sein können, verdanken wir unseren Mitgliedern, den ehrenamtlich Aktiven, der guten Zusammenarbeit mit dem Pik As-Team von Fördern & Wohnen und den zahlreichen Spenderinnen und Spendern.“